Schienen

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aufbiss-schiene

Das Mittel der Wahl für die Behandlung der CMD ist sicherlich die „Schiene“. Es ist dies ein schlechter Begriff, denn nur ganz selten gibt es tatsächlich etwas zu schienen, sondern meistens will man damit die Abstützung auf den Zähnen mit einem Stück Kunststoff ändern, das der Patient leicht selbst herausnehmen kann. In den späteren 80er Jahren haben wir daher einen anderen Begriff geprägt: Orthese. Orthesen gibt es in der Orthopädie und sie haben die Aufgabe ein Körperteil aus einer Fehlstellung heraus richtig zu stellen. Wir bezeichnen einen Bissbehelf als Orthese, wenn er Kauflächen aufweist, die sich zur Nahrungszerkleinerung eignen, sodass alle Funktionen der Okklusion damit aufrechterhalten werden.

Es gibt auch Schienen, mit denen dies gar nicht beabsichtigt ist, z. B. sogenannte „Jig-Schienen“. Hier begrenzt man den Aufbiss auf die Schneidezähne, in der Hoffnung, dass der Patient das Zubeißen dann ganz sein lässt. Jedoch ist die Abstützung im Biss eine physiologische Funktion, z. B. beim Schlucken und immer, wenn man Funktionsfähigkeit derart einschränkt, läuft man Gefahr unerwünschte Begleiterscheinungen herbeizuführen (siehe hierzu meinen Blogeintrag „Jig-Schienen: Vorsicht!“).

schiene mit zahnersatz

Der große Vorteil von Schienen ist, dass man sie herausnehmen kann. Der Zahnarzt kann so penibel genau mit den Zahnkontakten arbeiten, sei es in der Hand, wo er solche Kontakte viel besser sehen kann, als im Mund, oder im Artikulator bei einer sogenannten „Remontage“. Hierfür werden auf der Oberfläche der Schiene mit einem Abformmaterial die Kauflächen der gegenüberliegenden Zähne abgebildet, sodass deren Gipsmodell hineingesetzt werden kann. Nun stehen diese Gipszähne der Schiene exakt so gegenüber, wie die Zähne im Mund des Patienten, selbst wenn dort die Schiene ein Kleinwenig anders sitzen sollte. Der Artikulator schließt nun präzise immer in der gleichen Bahn, sodass man den Biss auf der Schiene haargenau einschleifen kann, ohne Gefahr zu laufen, dass ständig etwas anders zugebissen wird.

Aufbissschiene

Patienten, die mit sogenannten „Table Tops“ in unsere Praxis kommen, die immer moderner werden und nichts sind, als auf die Zähne geklebter Kunststoff, sind immer wieder überrascht darüber, wie viel genauer man mit Schienen arbeiten kann! Diese haben im Verbund mit der geschilderten Remontage den weiteren Vorteil, dass sich am Ende die Gipsmodelle im Artikulator genauso gegenüberstehen, wie dies die Zähne im Mund tun, wenn die Schiene dazwischen liegt. Dadurch wird es vergleichsweise einfach, eine weitere Behandlung zu planen und umzusetzen.

Bei Schienen stehen fast endlos viele Variationen zur Verfügung. Um die richtige Variante – auch mit einem Auge auf den Kosten – auszuwählen, gilt es, zunächst folgende Fragen zu klären:

  1. Muss die Schiene auch Zähne ersetzen (was besondere Anforderungen an die Bruchfestigkeit stellt)?
  2. Soll die Schiene nur phasenweise oder nachts getragen werden?
  3. Soll mit der Schiene auch gegessen werden können?
  4. Soll die Schiene beim Sprechen so wenig wie möglich behindern, weil der Patient dies beruflich tut?
  5. Für welchen Zeitraum steht zu erwarten, dass eine Schiene getragen werden soll?

In den letzten Jahren hat sich ein „Hype“ um digital hergestellte Schienen aufgeschaukelt. Alles, was digital und computerisiert ist, soll dabei fast schon magisch irgendwie besser sein. Wir haben dies in den letzten Jahren in unserer Praxis extensiv getestet, wobei sich diese Euphorie wieder etwas gelegt hat. Digitale CNC-gefräste Schienen sind teuer und werden vom Techniker am Bildschirm entworfen. Nicht immer funktionieren sie deswegen besser. Jedoch stehen hier hochwertige Kunststoffe zur Auswahl, teils mit dichten, hochgradig polierbaren Oberflächen, an denen sich kaum etwas ablagert. Auf der anderen Seite sind sie etwas bruchgefärdeter, als die Schienen, die wir selbst in unserem Labor anfertigen, obwohl diese wesentlich zierlicher sind. Eine Ausnahme bilden Acetalkunststoffe, die früher nur in aufwendigen Spritzgussverfahren verarbeitet werden konnten, die es neuerdings aber auch als Fräsrohling gibt. Auch mit 3-D gedruckten Schienen haben wir viel gearbeitet, bieten sie inzwischen aber nur noch in bestimmten Sonderfällen an. 

Weiche CMD-Schiene: Der Myozeptor

Eine Schienenvariante, die unter unseren Patienten besonders beliebt ist, ist der sogenannte „Myozeptor“. Wir haben diese elastische Schiene mit einer verzeihenden, gummiartigen Oberfläche, die den harten Kontakt auf den Zähnen abmildert, bereits in den 90er Jahren entwickelt und wollten sie auch heute noch nicht wieder missen! Ein Myozeptor Myozeptor hat, obwohl er weich ist, eine genau spürbare Bissposition. Er ist angenehm zu tragen, zierlich, aber nicht zum Essen geeignet. Auch setzen ihm stark färbende Substanzen, wie der Saft von roten Beeten, zu. Seine Haltbarkeit ist auf 6–12 Monate beschränkt.



Bionator

Soll eine Schiene nur nachts getragen werden und dabei vielleicht gleich noch ein Problem mit dem Schnarchen lindern, so bietet sich ein Bionator an. Eigentlich handelt es sich dabei um eine kieferorthopädische Spange für Kinder, aber diese Form hat sich vor allem für die Nachtruhe auch bei Erwachsenen sehr bewährt und wenn man möchte, lassen sich damit auch kleinere Stellungsfehler von Zähnen geraderücken.


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