Wie viel soll ich meine CMD-Schiene tragen?

Scheinbar gehen die Meinungen bei allem auseinander, was die CMD betrifft! Manche Zahnärzte geben die strikte Anweisung eine Schiene prinzipiell durch den gesamten Tag zu tragen, bei anderen soll sie nur nachts getragen werden. Ich meine, man sollte auch das differenziert sehen.

Sobald man eine Schiene durchgehend trägt, besteht die Möglichkeit, dass sich Muskeln und Kiefergelenke so ändern, sodass man seinen alten Biss nicht mehr finden kann. Prinzipiell steht es zu erwarten, dass ein Biss, wenn er schon so verschoben ist, dass er Beschwerden macht, auf einer Schiene anders eingestellt ist. Es ist aber ein wenig wie beim Klettern: bevor man einen Halt aufgibt, sollte man sich versichern, dass der nächste auch wirklich hält!

Zunächst muss ein CMD-Patient blind darauf vertrauen, dass es seinem Zahnarzt gelingt, den „richtigen“ Biss auf einer Schiene einzustellen. Trägt er diese sofort ganztags und merkt erst Wochen später, dass die Schiene nicht funktioniert, so hat er während dieser Zeit womöglich seinen eigenen Biss verloren und kann nun gar nicht mehr richtig zubeißen. Damit wäre er einen Schritt weiter in das CMD-Schlamassel hineingerutscht, statt heraus!

Daher rate ich meinen Patienten, ihre neue Schiene zuerst einmal „einzutragen“. Damit ist gemeint, man soll sie erst einmal stundenweise tragen und sehen, ob noch irgendetwas stört. Vielleicht ist irgendwo noch eine scharfe Kante oder sie spannt doch noch etwas an einem Zahn, was man aber erst nach einiger Zeit bemerkt. Solche Störungen sollten möglichst schnell behoben werden, denn eine CMD-Schiene muss auf jeden Fall zuerst einmal richtig passen. Dann kann man die Auswirkungen ausprobieren, welche die Schiene auf die Beschwerden hat. Tut die Schiene dem Patienten gut, so brauche ich ihn  nicht dazu auffordern, sie zu tragen – er wird das von alleine umso mehr tun, je mehr sie ihm hilft! Nur ganz selten kommt es vor, dass man irgendwelche Erstverschlimmerungen überwinden muss, bis die Schiene wirkt.

So aber weiß der Patient, wenn er seine Schiene viel trägt, dass damit eine Verbesserung seiner Beschwerden einhergeht. Sollten sich im Lauf der Zeit dadurch tatsächlich z. B. seine Kiefergelenke in einer Weise regenerieren, dass zwar Bewegungslimitationen oder Geräusche entfallen, er aber findet ohne Schiene keinen ausgeglichenen Kontakt mehr auf seinen Backenzähnen findet, so kann er die bewusste Entscheidung treffen, den verschobenen Biss auf seinen eigenen Zähnen aufzugeben. Vielleicht findet er aber auch heraus, dass dies gar nicht erforderlich ist, denn das nächtliche Tragen reicht aus, um ihm seine Beschwerden zu nehmen. Solche Erkenntnisse lässt man am besten reifen, statt zu versuchen, etwas mit Gewalt zu erzwingen!

Als Patient kann man auch selbst kontrollieren, ob die Schiene weiter angepasst werden sollte, zumindest, wenn sie im Biss für die Entlastung der Muskulatur eingestellt wurde. Hierzu nimmt man ein Bisskisssen zum Vergleich, z. B. einen FreeBite. Trägt man seinen FreeBite und es verbessert sich dadurch etwas – der Mund geht besser auf, Bewegungsblockaden im Kiefer oder Nacken verschwinden, Schmerzen oder Tinnitus werden besser – so richtet man sich nach frühestens 1 Stunde mit dem FreeBite zwischen den Zähnen im Sitzen oder Stehen gerade auf, hält auch den Kopf gerade, nimmt den FreeBite heraus, setzt die Schiene ein (mit den Fingern, ohne darauf zu beißen!) und lässt den Mund sachte bis zu den ersten Zahnkontakten zugehen. Kommt man jetzt ungleich auf der Schiene auf und hat ohne Nachdrücken keinen Kontakt mit den Backenzähnen auf einer oder beiden Seiten, so ist es Zeit, einen Termin zur Schienenkontrolle auszumachen!

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